Wenn Kinder Schäden verursachen – wann haften Eltern für Ihre Kinder?

Eltern haften für ihre Kinder

Den Spruch oder die Schilder „Eltern haften für ihre Kinder“ kennt jeder. Doch was bedeutet diese Aussage genau? Haften Eltern immer für jegliche Schäden, die durch ihre Kinder verursacht werden? Wer gilt eigentlich als Kind und ab wann ist man ein Jugendlicher?

Obwohl dieses Thema meist mit Blick auf das genannte Schild einfach erscheint, ist es dies bei näherer Betrachtung keinesfalls. Wir bringen Licht ins Dunkel und klären im Folgenden die Zusammenhänge und die rechtliche Lage auf.

Fall-Beispiele für durch Kinder verursachte Schäden

Fiktives Szenario #1: Ein sechsjähriges Mädchen ist mit ihrer Familie zu Besuch bei Freunden. Das Mädchen stolpert über die Teppichkante und stößt dabei an einen Beistelltisch, auf dem ein Glas Rotwein steht. Das Glas kippt um und der Rotwein ergießt sich über den teuren Perserteppich.

Fiktives Szenario #2: Ein achtjähriger Junge steigt aus dem Auto aus und verursacht mit der Autotür eine dicke Schramme im Fahrzeug, welches nebenan parkt. Der Junge hatte sich trotzig seinen Eltern widersetzt und hat mit dem Aussteigen nicht gewartet. Der Besitzer des geschädigten Fahrzeugs hat die Situation beobachtet.

  • In diesem Fall wäre zu klären, ob die Eltern ihre Aufsichtspflicht verletzt haben, weil sie den Jungen nicht aufgehalten haben (beispielsweise mit einer Kindersicherung). Dies könnte nach Klärung ein Fall für die Haftpflicht sein. Andernfalls müsste zu gegebener Zeit der Junge oder vorab die Eltern für den Schaden aufkommen.

Echtes Szenario: Ein Neunjähriger hat einen Scheunenbrand verursacht und ist für alt genug erklärt worden, die Folgen seines Handelns zu verstehen (Urteil vom 30. November 2010, Az. 24 U 155/09). Er hatte ein kleines Stroh-Feuer entzündet und damit alle anderen Stroh-Ballen in Flammen gesetzt.

  • Schlimmstenfalls werden die durch die Schäden verursachten Kosten bis zu 30 Jahre pausiert, bis der Täter/Verursacher sein erstes eigenes Einkommen erhält.

Wann spricht man von „Kind“?

Tatsächlich ist dieser Begriff juristisch nicht eindeutig definierbar. Das Bürgerliche Gesetzbuch beispielsweise spricht generell von Minderjährigen, wenn das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet ist. Das Jugendschutzgesetz hingegen unterscheidet zwischen Kindern und Jugendlichen. Ab einem Alter von 14 Jahren ist man demnach kein Kind mehr, sondern Jugendlicher.

Um es noch ein wenig komplizierter zu machen, sei an dieser Stelle noch erwähnt, dass das Jugendarbeitsschutzgesetz die Grenze zwischen Kind und Jugendlichem erst bei einem Alter von 15 Jahren zieht. Ob ein Minderjähriger also final als Kind oder Jugendlicher behandelt wird, hängt also vom Gegenstand der Verhandlung ab.

Was bedeutet deliktunfähig?

Eltern haften für ihre Kinder

Grundsätzlich ist es so, dass Kinder vor Vollendung des 7. Lebensjahres als deliktunfähig gelten, was zunächst bedeutet, dass sie für Schäden, egal ob fahrlässig oder vorsätzlich verursacht, nicht haftbar gemacht werden können. Kinder dieser Altersgruppe sind noch nicht in der Lage, die Folgen ihres Handelns zu überblicken. Geht es um Schäden, die im motorisierten Straßenverkehr entstanden sind, so gilt dies sogar bis zum 10. Lebensjahr.

Zwischen dem 7., bzw. dem 10. und dem 18. Lebensjahr gelten Kinder, bzw. Jugendliche als eingeschränkt deliktfähig, denn in diesem Alter setzt man voraus, in gewissem Umfang einen Überblick über die Folgen des eigenen Handelns zu haben. Beispielsweise kann man nicht davon ausgehen, dass ein fünfjähriges Kind die vollumfänglichen Folgen überschauen kann, wenn es einen Stein in eine Fensterscheibe schmeißt. Bei einem fünfzehnjährigen Jugendlichen allerdings schon, wenn auch bedingt eingeschränkt.

Wann sind Eltern haftbar und was bedeutet genau Aufsichtspflicht?

Eltern haben selbstverständlich eine Aufsichtspflicht. Sind sie dieser nicht nachgekommen und es kommt in diesem Zusammenhang zu einem Schaden, werden Eltern tatsächlich haftbar gemacht. Allerdings müssen die Eltern nicht für die durch die Kinder verursachten Schäden verantwortlich gemacht werden, sondern lediglich für die Vernachlässigung der Aufsichtspflicht. Die Härte der Urteile hängt aber dennoch vom Umstand des Schadens und des individuellen Tathergangs ab.

Doch was genau bedeutet „Aufsichtspflicht“? Diese Frage ist tatsächlich schwer und nicht eindeutig zu beantworten. Denn der Umfang der Aufsichtspflicht hängt von verschiedenen Faktoren ab. Diese sind beispielsweise:

  • Alter des Kindes
  • Reife und Charakter des Kindes
  • Die konkrete Situation

Wenn einem Kind, wie im obigen Fallbeispiel, also nachgewiesen werden kann, die Folgen seines Handelns zu überschauen, so wird es entsprechend zur Verantwortung gezogen. Der Junge im vorliegenden Fall konnte mutmaßlich vorausahnen, dass das kleine Stroh-Feuer auf die umliegenden Strohvorkommen überspringen würde.

Kommt es zu Unfällen, die niemand wirklich verschuldet, wie im ersten Beispiel mit dem Mädchen und der Teppichkante, greifen meist die entsprechenden Versicherungen, um den entstandenen Schaden zu regulieren. Unfälle dieser Art passieren tagtäglich und sind nicht zu vermeiden. Hier hat keiner seine Aufsichtspflicht verletzt und auch niemand mutwillig den Teppich ausgelegt.

Eltern müssen nicht zwingend rund um die Uhr die Kinder überwachen. Sind die Kinder allerdings noch sehr klein, oder bekannt für Flausen, dann ist es die Pflicht der Eltern, diese Kinder so zu beaufsichtigen, dass kein Schaden entsteht. In welchem Umfang dies stattfindet, muss individuell entschieden werden.

Weitere interessante Artikel zum Thema Eltern und Kind